ca. 13:00 Uhr: Ich warte an der S - Bahn - Station auf die Gäste, die mit mir den Ausflug zum Flughafen machen wollen. Die Reeperbahn ist voll. Voll von Menschen, die auf die "Party" warten. Viele von ihnen sind jetzt schon angetrunken.
ca. 17:00 Uhr: Ich komme vom Ausflug zurück. Die Party ist in vollem Gange, es ist saumäßig laut, der Alkohol fließt und aus den Angetrunkenen sind bereits Betrunkene geworden. Überall stehen leere Bierflaschen herum, die Straßen sind übersät mit Müll. 10 - jährige Kinder sind mit Tüten unterwegs und sammeln Pfandflaschen. Sie haben schon drei große Einkaufstüten voll. Ich weiß, dass auch viele von unseren Gästen auf "Flaschenjagd" sind. Die Ausbeute an so einem Tag ist ja auch enorm.
Ich stehe vor dem Gemeindehaus und will rein. Trotz Schlüssel ist das unmöglich, denn vor der Eingangstür liegt einer und schläft - schläft vermutlich seinen Rausch aus. Ich kriege ihn nicht wach. Irgendwie fühle ich mich unwohl so allein im Getümmel und will unbedingt ins Haus. Ich klingle bei allen möglichen mir bekannten Leuten, die im Haus wohnen - keine Reaktion. Naja, es ist auch sinnvoll, an so einem Tag nicht zu Hause zu sein. Wahrscheinlich höre ich auch nur nicht, dass jemand die Sprechanlage bedient, so laut ist es draußen.
Meine letzte Chance ist die Jungs - WG. Und siehe da, ich höre eine Stimme durch die Sprechanlage! :)
Endlich kann ich ins Haus, weg von dem Getümmel.
18:00 Uhr: Der Rest des Teams trifft ein. Der Gebetsspaziergang heute Abend wird eine besondere Herausforderung. Wir teilen uns in drei Teams und ziehen los. Die Reeperbahn ist mittlerweile so voll, dass es fast kein Durchkommen mehr gibt.
Von den vorbei schleichenden LKWs dröhnen die verschiedensten Schlager. Die Leute sind fast alle betrunken. Ich sehe kaum jemand ohne Bier- Schnaps- oder Weinflasche. Sie tanzen, grölen und ziehen hinter den LKWs her wie die Israeliten damals in der Wüste hinter dem Goldenen Kalb. Sie scheinen Spaß zu haben, doch hinter dieser Maske ist nichts. Die Augen der meisten Partygänger zeigen eine endlose Leere.
(Übrigens, am Ende der LKW - Schlange fahren vier Straßenkehrmaschinen, um den Müllberg so klein wie möglich zu halten!)
Unser Gebetsteam unterhält sich ein bisschen über die Eindrücke, die wir gesammelt haben und dann beten wir. Heute fällt mir das Beten besonders schwer. Wenn ich an all diese Menschen denke, werde ich richtig traurig. Und ich kann vielleicht ein bisschen nachvollziehen, wie Jesus sich gefühlt haben muss, als er über Jerusalem weinte.
19:45 Uhr: Austauschrunde im Gemeindehaus. Wir sind schockiert und uns wurde mal wieder ganz neu bewusst, dass diese Leute da draußen dringend Jesus brauchen, dass in ihnen tief drin eine Sehnsucht nach Gemeinschaft liegt, dass sie etwas suchen, dass "Schlager - Move" ihnen aber niemals geben kann.
Wir haben uns gefragt, was machen die Leute morgen früh? Wieviele von ihnen wissen dann noch, was sie am Abend vorher gemacht haben? Wieviele werden nach ein paar Monaten feststellen: Scheiße, ich bin schwanger und ich weiß nicht mal von wem."?
Und dieser Spaß, den die Leute hatten, wo wird der sein?
Und wir haben uns gefragt, wie und für was genau wir überhaupt beten sollen. Das Ganze erinnert mich an den Bibelvers im Römerbrief: Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen. (Römer 8,26)
Trotzdem lohnt es sich! Denn Jesus hat gesagt: Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen.
An diesem Samstag war Jesus mittendrin. Er ging mit uns mit - und zwar mit jedem Gebetsteam extra! Drei strahlende Lichtpunkte mitten in der Finsternis.
Es gibt Hoffnung für St. Pauli!